XièXiè 北京 Danke, Peking! Layenberger-Athlet Julian Rauchfuss und die Geschichte seiner sensationellen Silber-Medaille!

Es war genau drei Uhr und 58 Minuten deutscher Zeit in der Nacht zu Sonntag, dem 20. Februar 2022, als diese sensationelle, wunderschöne und völlig verrückte Sportgeschichte Wahrheit wurde. Julian Rauchfuss – eigentlich um 6839 Kilometer östlich versetzt am falschen Platz – hüpfte und tanzte mit seinem alpinen Teamkollegen im Zielhang des Olympia Alpine Centrums Yanqing.

Gerade hatte er zwar mit Lena Dürr, Emma Aicher, Alexander Schmid und Linus Straßer das Finale gegen Österreich knapp verloren, aber die Silbermedaille gewonnen. Er, der als 149. und letzter deutscher Athlet die Fahrkarte nach China gelöst hatte. Nachdem ihm die Trainer schon die Reisetermine zu den Europacup-Terminen während der Winterspiele erklärt hatten.

Aber das war nicht Oppdal in Norwegen (Bevölkerungdichte: drei Menschen pro Quadratkilometer), wo der 27-Jährige eigentlich hätte starten sollen. Er feierte im Großraum der 22-Millionen-Einwohner-Stadt Peking, auf der größten Sportbühne der Welt. Die grandiose Belohnung für einen Sportler, der auch Stunden später noch um Fassung rang.

Fünfeinhalb Stunden später, genau um 9:22 Uhr, meldet sich Layenberger-Athlet Julian Rauchfuss – seit Januar sind wir stolzer Helmsponsor des alpinen Shootingstars (hier ein Link zum ersten Newsletter-Text) – per WhatsApp-Anruf. Ein Vollprofi im emotionalen Ausnahmezustand. Immer wieder fallen die Worte „verrückt“, „unglaublich“ und „einzigartig“.

Die Frauen und Männer des Alpin-Team haben ihre einzige Medaille dieser Olympischen Spiele schon mal ein wenig feucht begossen. Doch Julian ist in dem viertelstündigen Telefonat völlig klar im Kopf. Das Adrenalin des Erlebten peitscht durch seine Adern.

“Verrückt, wie schwer die Medaille ist, wie wunderbar sich das anfühlt!”

„Verrückt, wie schwer die Medaille ist“, erzählt er. „Wenn du sie dann plötzlich um den Hals hängen hast, greifst du ja immer wieder danach. Es fühlt sich einfach wunderbar an.“

Eigentlich als Ersatzmann nominiert, war der Allgäuer bei den drei K.o.-Duell-Triumphen über Schweden, die Schweiz und die USA als Motivator, Helfer und Cheerleader dabei. Dann, im Finale gegen die Österreicher, kam er für Linus Straßer zum Einsatz – leider auf dem deutlich schlechteren roten Kurs. Seine Fahrt war klasse, aber das Duell ging verloren. Egal, das Erlebnis überstrahlt alles.

„Linus kam mit dem Kurs nicht so zurecht. Er hatte schon beim Halbfinale so was angedeutet. Wahnsinnig fair von ihm. Aber irgendwie auch ganz normal für unser Team. Einer für alle, alle für einen. Und plötzlich stehe ich da oben im Starter-Gate – ein wahnsinnig intensives Gefühl.“

Es ist die Magie des Teamevents, die aus Einzelsportlern plötzlich eine Gemeinschaft schmiedet. Alpine Ski-Rennläufer kämpfen auf der Strecke immer nur für sich. Für die beste Zeit, die beste Platzierung, um Hundertstelsekunden, die über Weltcup-Punkte und das Renommee des Einzelnen entscheiden.

Dann kommen sie im Teamwettbewerb zusammen und fiebern miteinander. „Stimmt“, lacht Julian, „das Zuschauen war fast anstrengender als mein Einsatz. Dieser Event packt dich einfach. Du wünscht jedem deiner Teamkollegen so toll den Erfolg, dass es schon fast wehtut.“

In solchen Momenten, so reflektiert der Slalom und Riesenslalom-Spezialist, kapiert er, was Mannschaftssportler regelmäßig erleben. Und ist trotzdem gerne der Draufgänger, der nur für sich und seine Leistung verantwortlich, mit vollen 100 Prozent den Hang hinunter rast.

Zwei Starts hatte Julian – hier sein Instagram-Account – vorher schon in China. Im Riesenslalom kämpfte er sich unter fast irregulären Bedingungen auf den 20. Platz – kam als einziger Deutscher ins Klassement. Im Slalom war er im ersten Durchgang gut unterwegs, dann fädelte er ein – ausgeschieden.

“Wir haben uns als Team gegenseitig unterstützt und gepusht!”

„So ist mein Sport eben. Manchmal tut er dir weh, dann belohnt er dich wieder. Nach dem Slalom habe ich ehrlich gesagt nicht mehr mit so einem Happyend gerechnet. Aber als Team haben wir uns gegenseitig unterstützt und gepusht, die Trainer und Betreuer waren voll fokussiert. Und jetzt liegt sie da neben mir, die Medaille.“

Seine ersten Olympischen Spiele (natürlich will er in vier Jahren in Mailand/Cortina d’Ampezzo erneut dabei sein!). Seine erste China-Reise (leider wegen Corona auf den Alpinen Bubble plus Rodeln, Skeleton und Bobsport in Yanqing beschränkt). Sein banges Warten auf die Belohnung bis zum allerletzten Wettkampftag (Training, Training und nochmal Training waren der Inhalt der zwei Wochen).

Und dann liegt es wirklich da, dieses silberne Stück vom Glück! Wahnsinn!

Stilleben der besonderen Art: Blumenstrauß, Maskottchen und die Silbermedaille auf dem Bett im Olympischen Athletendorf.

Wenn uns Außergewöhnliches passiert, versucht unser Gehirn irgendwie Ordnung zu schaffen. Das Geschehene zu sortieren.

„Schon wild, was alles los war in diesem Winter“, sagt Julian Rauchfuss. „Mein super Start in die Saison. Dann der Sponsoring-Vertrag mit Layenberger, über den ich mich sehr gefreut habe. Dann hatte ich nach ein paar weniger guten Weltcups schon abgeschlossen mit Olympia – und saß plötzlich doch im Flieger.“

Olympia-Teilnehmer – das ist allein schon ein sportlicher Adelstitel. Er erinnert sich noch an jedes Detail bei der Ankunft. „Die Freundlichkeit aller Volunteers. Und wie krass alle in ihren Vollkörper-Schutzanzügen ausgesehen haben. Wie Außerirdische. Das Essen war übrigens auch völlig problemlos.“

Fauxpas beim Essen: Sojasoße und scharfe Soße über die süßen Nachtischbällchen!

Naja, bis auf einmal. Julian lacht: „Ich dachte, ich hätte Dumplings auf dem Teller. Irgendwas gefüllt mit Fleisch oder Gemüse. Also habe ich kräftig Sojasoße und scharfe Soße drüber gegossen.“ Es waren aber süße Frühstücks- oder Nachtisch-Bällchen. Kann mal passieren. Hat ja niemand das verdutzte Gesicht beim ersten Bissen gesehen.

Fünf Topathleten, eine Mannschaft  - Olympiasilber!
Fünf Topathleten, eine Mannschaft – verdientes Olympiasilber!

Am Telefon entsteht jetzt eine Pause. Dann kommt das Schlusswort des olympischen Glückskindes. Eines Vollblut-Sportlers, der trotzdem als Jugendlicher nach zwei unglücklichen Schulterverletzungen beinahe mit dem Leistungssport aufgehört hätte. Das Schlusswort eines Kämpfers, der dieses Tal mit Hilfe seiner Familie durchqueren konnte und sich jetzt so unglaublich auf das Wiedersehen mit Mutter, Vater und Bruder freut.

Das Fazit eines zufriedenen Top-Athleten. „In meiner Gefühlswelt momentan steckt alles drin: Jeder Moment des Zweifels. Jede genial schöne Fahrt, jeder perfekte Schwung. Jede Sekunde im Kraftraum oder bei der Gymnastik. Genauso jede eiskalte Stunde und jeder Sonnenstrahl auf allen Hängen der Welt. Natürlich auch alle Unterstützung, die ich je bekommen habe, und für die ich dankbar bin.“

Julian Rauchfuss sagt die magischen Worte: „Silber bei Olympia – das war es alles, alles, alles wert.“

Wow! Danke für die Gänsehaut, Julian!

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