Faszination Bouldern: Das RockTown feiert zehntes Jubiläum und wir feiern mit!

Manchmal ist es kinderleicht, die großen Fragen im Leben zu beantworten. Jene zum Beispiel, die sich nach 90 Minuten Aufenthalt im quirligen, bunten, athletischen, faszinierenden und immer wieder packenden Geschehen in der Boulder-Kletterhalle RockTown in Kaiserslautern stellt.

Warum klettern Menschen überhaupt?

Katrin Brady lacht herzlich: „Wir sehen da einen Berg. Also wollen wir dort rauf. So einfach ist das.“

Genau in diesem Moment macht es „Flummsch“ – und in der Kinderecke gleich neben der Interview-Sitzgruppe ist ein höchstens fünf Jahre alter Junge auf die Matte gefallen. Er rollt gekonnt ab, streicht einmal die Hände zum Trocken am T-Shirt entlang und sucht sich schon wieder die ersten zwei Griffe für den nächsten Versuch.

Denn er sieht da eine Wand. Er will da hoch. So einfach ist das!

Wir müssen nicht die großen Philosophen an den Tisch holen, um die Leidenschaft des Kletterns bis ins Neandertal zurückzuverfolgen. Damals entstanden Prägungen, die auch heute noch gelten.

Ganz schnell laufen – 100-m-Finale bei den Olympischen Spielen. Ganz viel Kraft – Gewichtheben, leider unter einem pharmazeutischen Nebel der Ungewissheit. Der beste Kämpfer – Muhammad Ali steht als leuchtendes Beispiel für alle vor und nach ihm. Und auch das Klettern war eine dieser Grundtugenden, die beim Überleben gut zu pass kommen.

Aus dem Blick der Urmenschen war ein Berg, so mächtig und heilig er auch ausgesehen haben mag, etwas, was überwunden werden musste. Mit verschiedenen Motivationen: Dort hinter dem Berg können bessere Jagdgründe liegen. Vielleicht weiden größere Herden. Oder die Versorgung mit wertvollen Stoffen wie Wasser, Holz und anderem ist einfach größer.

Klettern ist ganz fest mit der menschlichen DNA verwoben

Einigen wir uns darauf: Klettern und das daraus entstandene Bouldern ist alles andere als ein Sport zum Selbstzweck der athletischen Spielerei. Kein Tennis. Kein Golf. Klettern ist eine Tätigkeit, die fest mit der menschlichen DNA verwoben ist. Sie musste nach endlosen Zeiten und einigen mehr oder weniger zivilisierten Jahrhunderten einfach nur neu erfunden werden.

Katrin und Luka Brady in ihrer Boulderhalle Rocktown.
Katrin und Luke Brady zeigen in ihrer Boulderhalle RockTown die sechs farblich abgestimmten Schwierigkeitsgrade.

Katrin und Luke lernten sich in den USA durch das Klettern im Freien kennen. Sie sind und bleiben auch passionierte Freiluft-Climber, obwohl sie 2011 in der Kantstraße 38, direkt am Rücken des Betzenbergs, das RockTown eröffneten. Aber Luke sieht eben auch das Problem: „Wenn jeder überall in den Felsen steigt, ist das nicht gut für die Natur. Wenn dann auch noch Routen angelegt werden, geht das unserer Meinung nach nur reglementiert. Und wenn man erstmal an diesem Punkt angekommen ist, sagt man sich mit ein bisschen Verantwortung: Dann klettere ich eben hauptsächlich in einer Boulder-Halle.“

500.000 Sportkletterer machen genau das in Deutschland. Sie gönnen sich den Kletterspaß auf eine andere, aber nicht minder süchtig machende Weise. Und auch wenn sie die Wand alleine Bezwingen müssen, ist Bouldern ganz klar auch ein Gemeinschaftssport. Gemeinsam wird an der “Beta” getüftelt, so nennt sich das die Möglichkeiten, um den Boulder zu bewältigen. Man feuert sich an bei kritischen Stellen und ermutigt/tröstet sich gegenseitig, wenn es mal nicht klappt

Die Aktionen selbst sind dann Körper und Geist im perfekten Zusammenspiel. Wobei ein perfekt austrainierter Körper manchmal sogar Höhenmeter möglich macht, die der Geist erst im Nachhinein begreift. Von der Athletik her sind die Boulderer jedenfalls die eierlegenden Wollmilchsäue: Maximalkraft paart sich mit Intuition, Kraftausdauer mit Konzentration, Muskeln mit Beweglichkeit. Das alles ohne Hilfsgeräte mit Ausnahme von Magnesia zum Trockenhalten der Hände.

Wortspiel gefällig? Bouldern ist schlicht und ergreifend!

Natürlich spielt auch die Ernährung eine große Rolle, weil es ja um das Optimieren des Körpergewichts geht. Und gleichzeitig darum, dem Organismus Energie für das schweißtreibende Hobby zur Verfügung zu stellen. High Protein zum Beispiel ist ein Prädikat, das in der Boulder-Szene eine große Bedeutung hat. Weil Muskelerhalt und Muskelaufbau eben durch eine eiweißreiche Ernährung befeuert wird. Zum Lebensverständnis der Szene gehört auch ein genauer Blick auf Zusatzstoffe und Qualität. Wer seinen Body durch Überhänge und Traversen die Wand hochgehen lässt, passt eben ganz besonders gut auf.

Challenge accepted: 4000 Griffe verteilt auf 200 wechselnden Routen

4,50 Meter hoch sind die Wände. Auf den 1500 Quadratmetern der ehemaligen Barbarossa-Bäckerei zaubern Luke und seine Helfer 200 Routen in sechs unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden hin. Farblich sortiert von 🔵 (leicht) und dann über 🟢🔴🟡⚫️ komplizierter werdend bis hin zu ⚪️ (superschwer). Dazu werden rund 4000 Griffe angeschraubt – und gut 600 jeden Dienstag getauscht. Macht pro Jahr rein rechnerisch die unfassbare Zahl von über 30.000 verschiedenen Möglichkeiten, weiter nach oben zu kommen, oder für dieses Mal zu scheitern. Um es gleich noch einmal zu probieren!

Da steht eine Wand …

„Schau mal dahin“, ruft Luke und zeigt die Richtung an. Eben hat ein gar nicht mehr so junger, aber verboten fit aussehender Mann die direkt in unserer Blickrichtung liegende Wand überwunden. Eine schwarze Route. Jetzt steht er oben auf der Galerie, ganz ruhig, wie in Trance. „Typisch“, sagt Katrin. „Die Konzentration ist extrem hoch. Nach dem Top-Out – so nennt man das Überwinden der Wand – musst Du erst mal wieder zu Dir kommen. Das Adrenalin pumpt und Du suchst so ein bisschen nach Dir selbst.“

Geflucht, und dass in viel mehr als sechs Farben, wird beim Abrutschen, Wegflutschen, Nichtmehrhaltenkönnen und allen anderen vorzeitigen Endstationen. Hier gleicht Bouldern dann jeder anderen Sportart: Die Einen hadern mit sich selbst, machen sich und meistens ihren Händen/Fingern heftige Vorwürfe. Die Anderen sind eher mit der Gesamtsituation unzufrieden. Viel zu glatt der Griff, oder waren es die Schuhe? Die Route auch nicht so logisch wie sonst. Ach, herrje!

Boulder-Spaß für Kletterfreunde zwischen drei und 70 Jahren

Katrin und Luke kennen das selbst. Sie sind bei x Wettkämpfen angetreten und kann seine Erfolge jederzeit vorzeigen (siehe Bios am Ende des Beitrags). Und sie kennen ihre Kletterkunden, lieben den ganzen wuseligen Haufen zwischen 3 und 70 Jahren. Die 38-Jährige: „Familie ist ein großes Wort. Aber hier kann wirklich fast jeder mit jedem – und wer neu dazukommt, wird aufgenommen und notfalls auch ein bisschen aufgefangen.“

Dass die beiden wegen Corona auf die große RockTown-Feier zum 10. Jubiläum verzichten müssen, ist mehr als bitter. Hier in der Halle wird der Impfnachweis als allererstes gecheckt, hier geht man rücksichts- und verantwortungsvoll miteinander um. Aber auch diese Halle ist keine Welt für sich.

„Wir machen ein paar kleine Wettbewerbe, holen das Zehnjährige aber definitiv nach“, bekräftigt Luke. Und Katrin macht aus dem Problem ein passendes Motto: „Gemeinsam kommen wir auch da drüber weg.“

Biografie Katrin Brady

Biografie Luke Brady

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